Am 27. April 1945 hatte der Generalstab einer deutschen Truppe in Hörgersdorf Quartier genommen. Im Expositurhaus nächtigte zweimal ein preußischer Hauptmann. Sonntag, den 29. April zog diese Truppe wieder ab und zwar nach Süden. Von Norden und Westen drängten bereits die Amerikaner heran bis vor die Mauern Münchens. Es hieß, daß jede Stadt und jeder größere und kleinere Ort verteidigt werden müsse. Der Volkssturm hatte zwar keine Waffen und unter sich die geheime Losung ausgegeben, daß auf gar keinen Fall ein Schuß auf den Feind abgegeben werden dürfe, aber es ging das Gerücht, daß zur Verteidigung unseres Gebietes ca. 60.000 Mann SS-Truppen bestimmt seien. Wenn das Wirklichkeit geworden wäre, so hätte dies unseren Untergang bedeutet. Darum herrschte in diesen Tagen eine sehr gedrückte Stimmung. Viele haben wertvolle Habseligkeiten vergraben oder eingemauert, und alles fragte sich: „was wird werden?“ Das hügelige und waldige Gelände wäre ja zum Kriegführen wie geschaffen, und zudem ist auch schon früher viel gesprochen worden, dass sich der Endkampf in diesem Teile Bayerns abspielen werde. Auch hörte man Tag um Tag stärkeres Artilleriefeuer aus der Gegend von München. Doch die Gefahr ging glücklich vorüber.

Am 30. April wurde Erding von den Amerikanern eingenommen nach einigem heftigen Kampf mit SS-Truppen.

1.Mai Vormittag: ununterbrochenes Dröhnen und Knattern, das immer näher rückte. Nachmittag gegen 4 Uhr hiess es im Dorf „Die Amerikaner sind da“ und schon rollten gewaltige amerikanische Geschützpanzer herein. Alles war zur rechten Stunde! mit der weissen Fahne beflaggt worden, auch der Kirchturm. Alles stand schweigend vor den Häusern (mit Ausnahme von ein paar Personen, die in würdeloser Weise den einziehenden Amerikanern zuwinkten und zujubelten und Blumen streuten!) Der Bürgermeister Alexander Baumgartner von Hörgersdorf, zugleich Ortsgruppenleiter und fanatischer Nationalsozialist, wurde von der Bevölkerung gedrängt, den einziehenden Amerikanern entgegenzugehen und die Ortschaft zu übergeben; das geschah auch innerhalb des Ortes, so dass im Ort selbst kein Schuss fiel. Jedoch in allernächster Nähe, nämlich im Schraffstettener Wald spielte sich ein heftiges Gefecht ab: versprengte SS hatten sich im Walde versteckt und griffen die näher kommenden amerikanischen Panzer mit Maschinengewehren und Panzerfäusten an. Die Amerikaner aber feuerten aus ihren Panzerkanonen und Pakgeschützen auf die Angreifer. Dabei wurde auch der Stadel und die Scheune des Anton Schweiger von Schrafstetten in Brand geschossen, welche auch völlig niederbrannten mit Ausnahmen des Wohnhauses; aber auch dieses erhielt in der Mauer über der Stube einige Pakgranaten, wobei das ganze Zimmer samt Einrichtung zerschlagen wurde. das Vieh wurde während des Gefechtes aus dem brennenden Haus freigelassen. Wie durch ein Wunder gab es keine Verluste an Menschenleben. Nachdem noch mehrere Tage in den umliegenden Wäldern SS versteckt lagen, konnte auch 2 Tage lang dem Brandleider keine Hilfe von hier aus gebracht werden. Auch das Haus von Gebhard Neumeier in Hörgersdorf erhielt in der Giebelmauer 2 Pakvolltreffer, welche umfangreiche Löcher ausrissen.

Im Laufe des Nachmittags und Abends rollten noch eine große Menge schwerer amerikanischer Panzer von Erding her über Ferteln-Windham-Köchlham! denn überall hielten sich bewaffnete SS-Soldaten auf.

2.Mai: In der Nacht vom 1. zum 2. Mai war eine große Anzahl amerikanischer Truppen mit schweren Kraftwagen in den Ort eingerückt; die Mannschaft hat sich in den verschiedenen Häusern Quartier gesucht. In einem Hause wurden die 2 verheirateten Töchter eines hiesigen Bürgers (Riepl Schreiner, geschehen im Bichlmaierhaus!) öfters vergewaltigt, jedoch suchten diese Frauen absichtlich die Gefahr selber auf. Diese Truppen zogen am gleichen Tage wieder ab, und wurden von den anderen abgelöst, welche sich nun ungefähr 10 Tage aufhielten. Dabei musste der Kaserbauer Johann Winkler sein Haus für die Amerikaner zur Verfügung stellen. Auch in Maierklopfen liessen sich zur selben Zeit Truppen der Amerikaner nieder, ebenso auch in Eschlbach, wo überall eine sogennante Kommandantur vorübergehend errichtet wurde. In Maierklopfen wurde zu diesem Zweck das Haus des Gastwirts Anton Obermaier in Beschlag genommen, ebenso das Haus des Sebastian Posch und das Anton Lohner; in Eschlbach das Haus des Andreas Obermaier, Elas. In Maierklopfen wurde besonders beim Gastwirt, der mit seiner ganzen Familie für diese Zeit ausziehen musste und beim Strohmeier Unterkunft fand, viel geplündert und vernichtet, sowohl an Uhren, Bierkrügen und Küchengeräten als auch an Wäsche und Kleidern! Leider hatten die Amerikaner den noch anwesenden Polen und Ukrainern erlaubt nach Wahl zu stehlen und zu plündern, was diese auch bereitwillig und ausgiebig besorgten. Auch Möbel wurden auf diese Weise in mutwilliger und boshafter Art beschädigt und zugrunde gerichtet.

Am 5. Mai abends wurde von amerikanischen Soldaten, wie 3 Nachbarn aus verschiedenen Richtungen aus beobachtet haben, das Expositurhaus mit Gewalt erbrochen, währen die Insassen eben in der Maiandacht waren. Die Amerikaner erkletterten den Balkon über der Haustüre, sprengten die Türe zum Innern auf, und durchsuchten, wie an den Spuren zu sehen war, alle Zimmer; nahmen jedoch ausser einem Schlüssel nichts weg, und entfernten sich wieder nach hinten durch ein Fenster, an dem sie 2 Fensterstangen mit Gewalt entfernten. Eine Beschwerde am nächsten Tag beim Ortskommandanten hat weiter nichts ergeben, als die Erwiderung: die Deutschen hätten es ja auch überall so gemacht, und die Zusicherung es werde das nicht mehr geschehen.

Währen dieser Zeit wurde auch der bisherige Bürgermeister abgesetzt und als Ortsgruppenleiter auch verhaftet und fortgeschafft. 2 Amerikaner erschienen daraufhin im Expositurhaus und teilten dem Expositus das mit; zugleich ersuchten sie ihn, er möge ihnen verlässige Personen bezeichnen, welche als Bürgermeister in Frage kommen könnten. Für die hiesige Gemeinde wurde nun nach einiger Zeit auf Vorschlag des Expositus der Bauer Leonhard Tremmel von Uttenberg als Bürgermeister aufgestellt und vom neuen Landrat in Erding genehmigt.

Hörgersdorf, den 23.07.1945
P. Astner

Nach einem Bericht des Expositus Pfarrer Peter Astner aus Hörgersdorf, Pfarrer ab dem 01.02.1938
(Rechtschreibung, Wortwahl und Satzzeichen original übernommen)

© Christian Prang 2020